Zukunftsstrategien für eine alternsgerechte Arbeitswelt

Trends, Szenarien und Empfehlungen für das Bundesland Salzburg

Der Europäische Rat hat gemeinsam mit dem Europäischen Parlament das Jahr 2012 zum Europäischen Jahr für aktives Altern und Solidarität zwischen den Generationen ausgerufen. Anlass hierfür ist ein Dauerbrenner zukunftsorientierter Forschung: der seit Jahren bekannte und anhaltende demografische Wandel.

Man muss ein Jahresmotto nicht überbewerten, aber der Umstand, dass von Brüssel aus zur Solidarität zwischen den Generationen aufgerufen wird, macht deutlich, dass dem demografischen Wandel ein erhebliches gesellschaftspolitisches Sprengpotential beigemessen wird. In der Tat stellt sich in vielen europäischen Ländern – gerade in ökonomisch angespannten Zeiten – die Frage nach der Sicherung der Sozialsysteme. Auch in Österreich steht einem wachsenden Anteil älterer Menschen (in Pension) ein stetig sinkender Anteil jüngerer Menschen (im Erwerbsalter) gegenüber.

Die Folgen des demografischen Wandels nur auf der Ebene der Nationalstaaten zu sehen, wäre jedoch eine grobe Vereinfachung. Während es auf nationaler Ebene um die sozialstaatliche Handlungsfähigkeit geht, steht für die Betriebe die langfristige Erhaltung der Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit im Vordergrund. Auf der Ebene der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geht es schließlich darum, die individuelle Arbeitsmotivation und -fähigkeit bis zu dem – vermutlich später kommenden – Pensionseintritt zu erhalten.

Vor diesem Hintergrund hat das Zentrum für Zukunftsstudien in einer dreijährigen, durch die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) geförderten Studie die Situation für das Bundesland Salzburg untersucht und konkrete Handlungsstrategien für eine alternsgerechte Arbeitswelt entwickelt. Dabei wurde schnell deutlich, dass viele der betroffenen und verantwortlichen Akteure von der Komplexität des Problems überfordert sind und mit dem Aufschieben erforderlicher Maßnahmen oder gar Handlungsverzicht reagieren. Dabei handelt es sich gerade beim demografischen Wandel um einen Trend, mit dem zu rechnen ist: Demografische Veränderungen spielen sich in verhältnismäßig langen Zeiträumen ab. Das ermöglicht einerseits relativ stabile Prognosen, erschwert andererseits aber die kurz- und mittelfristige Beeinflussung demografischer Veränderungsprozesse. Für alle Beteiligten bedeutet dies, dass es bei der Gestaltung der Salzburger Arbeitswelt gerade darum gehen muss, sich vorausschauend und effektiv auf die zukünftigen Entwicklungen einzustellen.

Vor diesem Hintergrund brachte die Studie u.a. folgende Erkenntnisse zu Tage:

  • Struktur: Die Herausforderungen des demografischen Wandels können nur dann erfolgreich bewältigt werden, wenn die Akteure im Bundesland Salzburg koordiniert handeln. Eine besondere Verantwortung kommt hierbei den politischen Akteuren zu, die für die strukturellen Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt im Bundesland Salzburg zuständig sind. Aufgrund der Komplexität der Thematik und der Wirtschaftsstruktur mit vielen kleinen Betrieben kann in der Breite nicht von einer umfassenden Initiative auf betrieblicher bzw. einer eigenverantwortlichen Initiative auf individueller Ebene ausgegangen werden.
  • Faktisches Pensionsantrittsalter: Die Erwerbsbevölkerung muss sich auf eine längere Lebensarbeitszeit einstellen. Politisches Ziel ist es, die Lebensarbeitszeit zu erhöhen und damit die Kluft zwischen dem gesetztlich vorgesehenen und dem faktischen Pensionsantrittsalter – derzeit beträgt die Differenz in Österreich mehrere Jahre – zu schließen. Es ist zu erwarten, dass der Zugang zu so genannten Ausnahme- und Härtefallregelungen durch politische Beschlüsse erschwert und ein vorzeitiger Pensionsantritt ökonomisch sanktioniert wird.  Dann wird es von den gesetzlichen und betrieblichen Initiativen abhängen, ob die Ausweitung der Lebensarbeitszeit sozialstaatlich geregelt und sozial verträglich ablaufen wird oder ob die zusätzliche Last von jeder und jedem Einzelnen alleine getragen werden muss.
  • Arbeitsfähigkeit: Die Voraussetzung für eine längere Lebensarbeitszeit ist die Arbeitsfähigkeit – insbesondere in Berufen, die sich durch eine hohe körperliche und psychische Belastung auszeichnen und in denen es z.T. kaum möglich ist, gesund und motiviert bis zum gesetzlich vorgesehenen Pensionsantrittsalter zu arbeiten.
  • Fachkräfte: Der demografische Wandel begünstig tendenziell den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Dies kann in Zukunft zu einem Wettbewerb um „kluge Köpfe“ führen, der sich in einigen Unternehmen z.T. schon heute abzeichnet. Sowohl die Betriebe als auch das Bundesland Salzburg stehen in der Verantwortung, die (wirtschaftlichen) Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Region ein attraktiver Wirtschaftsstandort bleibt.
  • Qualifikation und Arbeitsmarkt: Der Forderung des Lebenslangen Lernens werden vermutlich nicht alle Gruppen am Arbeitsmarkt gerecht werden können. Daher ist eine verstärkte Polarisierung des Arbeitsmarktes anzunehmen, in der eine Gruppe von gut bis sehr gut Qualifizierten einer Gruppe von eher Geringqualifizierten gegenübersteht. Die Lage von gering Qualifizierten wird dadurch verschärft, dass in Zukunft auch für einfache Tätigkeiten der Qualifikationsbedarf steigen wird. Es bedarf daher Initiativen, um diesen Teil der Arbeitnehmerschaft auch in Zukunft über die Dauer des gesamten Erwerbslebens gewinnbringend in die Arbeitswelt zu integrieren.
  • Frauen: Die stärkere Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt würde dazu beitragen, dass das Arbeitskräftepotenzial besser genutzt und die Belastungen in der Arbeitswelt besser verteilt würden. Dies setzt v.a. verbesserte Strukturen für Kinderbetreuung und Pflege voraus.
  • Einstellungen und Werte: Weniger konkret, aber nicht weniger wirkungsvoll als sozialstaatliche und betriebliche Regelungen sind die in der Gesellschaft verbreiteten Idealvorstellungen der Arbeitswelt. Defizitorientierte Altersbilder, stereotype Geschlechterrollen oder unreflektierte Annahmen über den Verlauf einer Arbeitsbiographie wirken stark auf das individuelle Erwerbsverhalten. Eine Auflockerung dieser „Arbeitsmarktkultur“ zu Gunsten einer alternsgerechten Arbeitswelt könnte die mitunter stärkste Wirkungsmacht haben.

Weitere Ergebnisse und eine genauere Beschreibung der für das Bundesland Salzburg entwickelten Szenarien finden sich auf in der beim LIT-Verlag erschienen Publikation „Zukunftsstrategien für eine alternsgerechte Arbeitswelt: Trends, Szenarien und Empfehlungen“.

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