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Unternehmensdemokratie oder Gemeinwohlökonomie?

Die Globalisierung der Finanzmärkte und die weltwirtschaftlichen Entwicklungen, die ab den 1990er Jahren mit Einführung der WTO zu einer Liberalisierung des Weltmarktes führten, haben in den letzten Jahren eine Diskussion über alternative Wirtschaftsmodelle verstärkt. Parallel dazu entwickelte sich eine Widerstandsbewegung, die sich in sozialen Netzwerken und Protestbewegungen organisiert und breite Aufmerksamkeit erfährt. Von Globalisierungskritikern wie ATTAC und Occupy Wallstreet über Gewerkschaften bis hin zu religiösen Bewegungen gibt es viele Akteure, die den vorherrschenden ökonomischen Verhältnissen ablehnend gegenüberstehen. Der deutsche Politologe Claus Leggewie unterscheidet fünf Typen der Globalisierungskritik: Basisbewegungen aus PazifistInnen, FeministInnen und UmweltschützerInnen, die das Motto „Eine andere Welt ist möglich“ propagieren, „Insider“, zu denen er prominente Ökonomen wie Joseph Stiglitz zählt, eine akademische Linksbewegung, die gegen neoliberale Prinzipien auftritt, sozialreformerische Kirchen sowie rechtsextreme und nationalistisch/faschistische Strömungen (vgl. Leggewie 2003). Die Alternativen, die aus diesen Gruppen zur vorherrschenden Weltwirtschaft angeboten werden, sind unterschiedlich in Hinblick auf ihre Qualität, ihre Konzeptualisierung und ihre Darstellung. Im folgenden sollen zwei, auch betriebswirtschaftlich relevante Modelle etwas genauer beleuchtet werden: jenes der Gemeinwohlökonomie und jenes der Unternehmensdemokratie.

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Staatsbürgerschaftsrecht neu – kein Best-Practice-Modell

Das österreichische „Staatsbürgerschaftsrecht neu“ ist seit dem Frühjahr dieses Jahres in Kraft. Es sieht vor, dass sogenannte „sehr gut integrierte“ AusländerInnen schon nach sechs, statt wie seither nach zehn Jahren die Einbürgerung in Österreich beantragen können. Unter sehr gut integriert versteht Integrationsstaatssekretär Kurz: „Nach sechs Jahren erhält die Staatsbürgerschaft, wer sechs Jahre regelmäßig einer Arbeit nachgeht, Steuern und Abgaben zahlt, keine Sozialhilfeleistungen in Anspruch genommen hat und über Deutschkenntnis auf Maturaniveau als erste lebende Fremdsprache (B2-Level) verfügt. Bei geringeren Deutschkenntnissen (Mittelschulniveau erste lebende Fremdsprache, B1-Level) ist ein dreijähriges, ehrenamtliches Engagement bei einer gemeinnützigen Organisation (Feuerwehr, Rotes Kreuz, Samariter etc.) oder beruflich im Bildungs-, Sozial- und Gesundheitsbereich oder ehrenamtlich in einem nicht gesetzlichen Interessenverband (Elternvertretung, Betriebsrat) vorzuweisen.“ Gerne spricht Kurz in diesem Zusammenhang auch von „Anerkennung von Leistung“ – die Anerkennung der Leistung erfolgt nach seiner Lesart in Form der Verleihung der Staatsbürgerschaft.

Befasste sich Sozialphilosoph Axel Honneth mit der österreichischen Einbürgerungspraxis, würde er vermutlich an dieser Stelle aufhorchen.
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Vitalisierung der Demokratie

Wie kann die österreichische Demokratie vitalisiert werden? Welche Rolle spielt dabei die Zivilgesellschaft? Und warum sollte die Politik mehr Bürgerbeteiligung fördern? Diesen und anderen Fragen wurde bei der Tagung „Vitalisierung der Demokratie“ am 14. Juni 2013 im Bildungshaus St. Virgil nachgegangen.

Markus Pausch vom Zentrum für Zukunftsstudien trug zum Thema „Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung als staatliches Politikfeld“ vor und diskutierte mit Stefan Wallner, Bundesgeschäftsführer der Grünen, Anja Hagenauer, Integrationsbüro Stadt Salzburg, Peter Braun, St. Virgil sowie Hannes Wezel, Baden Württemberg. Mehr Infos unter: Tagung „Vitalisierung der Demokratie“ St. Virgil

Auszüge aus dem Vortrag von Markus Pausch: Zivilgesellschaft-StVirgil

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Die direkte Demokratie als Zukunftsmodell für Österreich?

Die Unzufriedenheit vieler WählerInnen mit der Politik hat dazu geführt, dass die österreichischen Parteien sich Gedanken über das politische System machen. Dabei wird immer öfter eine Stärkung der direkten Demokratie ins Spiel gebracht. Sie solle dafür sorgen, dass der Volkswille wieder stärkere Berücksichtigung in den politischen Entscheidungen findet. Die ÖsterreicherInnen sollen ähnlich wie die Schweizer NachbarInnen in Volksabstimmungen über verschiedene Fragen entscheiden können. Diese Forderung taucht seit vielen Jahren immer wieder auf. Die Freiheitlichen unter Jörg Haider haben die direkte Demokratie schon in ihrem umstrittenen Modell der Dritten Republik forciert. Die SPÖ verspricht Volksabstimmungen in Europafragen. Die ÖVP hat Sebastian Kurz beauftragt, über entsprechende Modelle nachzudenken. Die Grünen gelten seit jeher als VerfechterInnen von Basisdemokratie. Dabei wird manchmal übersehen, dass die direkte Demokratie voraussetzungsreich ist.

Tabelle 1: Qualitäten politischer Partizipation

Sie braucht, um positive Effekte für die Individuen und auch die Gesellschaft hervorbringen zu können, politisch gebildete und kompetente BürgerInnen sowie eine hohe politische Kultur. Um diese Qualitäten auszubilden, muss der Staat in seinem Bildungssystem darauf Bedacht nehmen, mündige BürgerInnen hervorzubringen, die sich kritisch und kompetent mit der Politik auseinandersetzen können. Ansonsten birgt die direkte Demokratie auch Gefahren in sich. Erstens spitzt sie komplexe Sachverhalte auf vereinfachte Ja/Nein-Fragen zu und produziert somit GewinnerInnen und VerliererInnen. Kompromiss- oder Verhandlungslösungen sind in ihr nicht vorgesehen. Zweitens ist sie ein beliebtes Instrument von PopulistInnen, deren politische Kommunikation darauf abgestimmt ist, manipulativ zu argumentieren und auch vor Hetzkampagnen nicht zurückzuschrecken. Drittens werden über aggressive Kampagnen relativ rasch auch Ausgrenzungen einzelner Bevölkerungsgruppen möglich, wie das an so manchen Abstimmungen in der Schweiz deutlich wird. Schließlich führt ein auf direkte Demokratie ausgerichtetes politisches System zu einem Mobilisierungs- und Verantwortungsdruck für die StaatsbürgerInnen, die regelmäßig und häufig über komplexe Themen entscheiden sollen, während sich die PolitikerInnen von ihrer Verantwortung verabschieden und alles dem Volkswillen überlassen können. So liegt auch in der Schweiz die Beteiligungsrate bei Referenden in der Regel nicht über 50 %. Trotz dieser Probleme ist eine Stärkung der direkten Demokratie in Österreich sehr wahrscheinlich, wie immer sie im Detail auch aussehen mag. Gleichzeitig wird derzeit aber im Bildungssystem jener Bereich zurückgefahren, in dem es um die politische Bildung der BürgerInnen geht. So wurde etwa vor kurzem erst die einzige Professur für politische Bildung in Österreich gestrichen. Die erhofften positiven Effekte von Partizipation, nämlich eine höhere Legitimation des politischen Systems sowie das individuelle Gefühl, mehr politischen Einfluss zu haben, werden sich durch die Stärkung direktdemokratischer Elemente nicht automatisch einstellen. Dazu bräuchte es gleichzeitig eine Stärkung nachhaltiger politischer Bildung auf allen Stufen des Bildungssystems. Das allerdings braucht Zeit und eignet sich nicht für kurzfristigen Stimmenfang,  wie auch im neuen Working Paper des ZfZ argumentiert wird.

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„Empört euch“ oder „Die Qualitäten politischer Beteiligung“

Seit einiger Zeit werden in regelmäßigen Abständen Umfragen zitiert, die das mangelnde Vertrauen der Menschen in die politischen Parteien und die BerufspolitikerInnen aufzeigen. Die BürgerInnen haben offenbar vermehrt das  Gefühl, nicht an den politischen Entscheidungen, die sie betreffen, teilhaben zu können, sondern ohnmächtig den Regierenden ausgeliefert zu sein. Dieses Gefühl führt zur so genannten Politikverdrossenheit und zu Partizipationsverweigerung: Wozu wählen, wenn es nichts ändert? Neben der Resignation gibt es aber auch einen anderen Weg, auf dieses Gefühl zu reagieren, nämlich durch Aktivität und Engagement. Der Aufruf „Empört euch“ des französisch-deutschen Intellektuellen Stéphane Hessel oder die Stuttgarter „Wutbürger“ stehen symbolisch dafür. Um die Möglichkeiten der politischen Partizipation in einem System nutzen zu können, sind aber gewisse Voraussetzungen notwendig. Von seiten des Staates müssen Teilhabemöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden, von seiten des Individuums braucht es politisches Interesse, ein gewisses Maß an Courage und an politischer Bildung. Letztere wiederum wird von der Politik nicht immer ausreichend unterstützt. In einem vor kurzem erschienen Artikel  (Autor: Markus Pausch) werden die Qualitäten politischer Partizipation genauer unter die Lupe genommen.

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