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Vitalisierung der Demokratie

Wie kann die österreichische Demokratie vitalisiert werden? Welche Rolle spielt dabei die Zivilgesellschaft? Und warum sollte die Politik mehr Bürgerbeteiligung fördern? Diesen und anderen Fragen wurde bei der Tagung „Vitalisierung der Demokratie“ am 14. Juni 2013 im Bildungshaus St. Virgil nachgegangen.

Markus Pausch vom Zentrum für Zukunftsstudien trug zum Thema „Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung als staatliches Politikfeld“ vor und diskutierte mit Stefan Wallner, Bundesgeschäftsführer der Grünen, Anja Hagenauer, Integrationsbüro Stadt Salzburg, Peter Braun, St. Virgil sowie Hannes Wezel, Baden Württemberg. Mehr Infos unter: Tagung „Vitalisierung der Demokratie“ St. Virgil

Auszüge aus dem Vortrag von Markus Pausch: Zivilgesellschaft-StVirgil

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Die direkte Demokratie als Zukunftsmodell für Österreich?

Die Unzufriedenheit vieler WählerInnen mit der Politik hat dazu geführt, dass die österreichischen Parteien sich Gedanken über das politische System machen. Dabei wird immer öfter eine Stärkung der direkten Demokratie ins Spiel gebracht. Sie solle dafür sorgen, dass der Volkswille wieder stärkere Berücksichtigung in den politischen Entscheidungen findet. Die ÖsterreicherInnen sollen ähnlich wie die Schweizer NachbarInnen in Volksabstimmungen über verschiedene Fragen entscheiden können. Diese Forderung taucht seit vielen Jahren immer wieder auf. Die Freiheitlichen unter Jörg Haider haben die direkte Demokratie schon in ihrem umstrittenen Modell der Dritten Republik forciert. Die SPÖ verspricht Volksabstimmungen in Europafragen. Die ÖVP hat Sebastian Kurz beauftragt, über entsprechende Modelle nachzudenken. Die Grünen gelten seit jeher als VerfechterInnen von Basisdemokratie. Dabei wird manchmal übersehen, dass die direkte Demokratie voraussetzungsreich ist.

Tabelle 1: Qualitäten politischer Partizipation

Sie braucht, um positive Effekte für die Individuen und auch die Gesellschaft hervorbringen zu können, politisch gebildete und kompetente BürgerInnen sowie eine hohe politische Kultur. Um diese Qualitäten auszubilden, muss der Staat in seinem Bildungssystem darauf Bedacht nehmen, mündige BürgerInnen hervorzubringen, die sich kritisch und kompetent mit der Politik auseinandersetzen können. Ansonsten birgt die direkte Demokratie auch Gefahren in sich. Erstens spitzt sie komplexe Sachverhalte auf vereinfachte Ja/Nein-Fragen zu und produziert somit GewinnerInnen und VerliererInnen. Kompromiss- oder Verhandlungslösungen sind in ihr nicht vorgesehen. Zweitens ist sie ein beliebtes Instrument von PopulistInnen, deren politische Kommunikation darauf abgestimmt ist, manipulativ zu argumentieren und auch vor Hetzkampagnen nicht zurückzuschrecken. Drittens werden über aggressive Kampagnen relativ rasch auch Ausgrenzungen einzelner Bevölkerungsgruppen möglich, wie das an so manchen Abstimmungen in der Schweiz deutlich wird. Schließlich führt ein auf direkte Demokratie ausgerichtetes politisches System zu einem Mobilisierungs- und Verantwortungsdruck für die StaatsbürgerInnen, die regelmäßig und häufig über komplexe Themen entscheiden sollen, während sich die PolitikerInnen von ihrer Verantwortung verabschieden und alles dem Volkswillen überlassen können. So liegt auch in der Schweiz die Beteiligungsrate bei Referenden in der Regel nicht über 50 %. Trotz dieser Probleme ist eine Stärkung der direkten Demokratie in Österreich sehr wahrscheinlich, wie immer sie im Detail auch aussehen mag. Gleichzeitig wird derzeit aber im Bildungssystem jener Bereich zurückgefahren, in dem es um die politische Bildung der BürgerInnen geht. So wurde etwa vor kurzem erst die einzige Professur für politische Bildung in Österreich gestrichen. Die erhofften positiven Effekte von Partizipation, nämlich eine höhere Legitimation des politischen Systems sowie das individuelle Gefühl, mehr politischen Einfluss zu haben, werden sich durch die Stärkung direktdemokratischer Elemente nicht automatisch einstellen. Dazu bräuchte es gleichzeitig eine Stärkung nachhaltiger politischer Bildung auf allen Stufen des Bildungssystems. Das allerdings braucht Zeit und eignet sich nicht für kurzfristigen Stimmenfang,  wie auch im neuen Working Paper des ZfZ argumentiert wird.

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